China, Provinz Yunnan II: Tigersprung und Shangri-La

Einen Eindruck von Chinas imposanter Naturlandschaft bekommen wir beim Durchwandern der Tigersprungschlucht. In der Tiefe bahnt sich der Yangtse Fluss seinen Weg durch steil, bis zu 3000 m emporragende Felswaende. Wir nehmen uns Zeit fuer den 8-stuendigen Panoramapfad, der die Schlucht durchquert, und uebernachten auf der Strecke in einem der malerisch am Berghang gelegenen Schluchtendoerfer. Hier scheint die Zeit stillzustehen. Wir schauen den Bewohnern bei der Getreideernte zu. Die Aehren werden per Hand geschnitten, gebuendelt und per Pferd oder auf dem Ruecken der Maenner in die umliegenden Bauernhoefe gebracht. Viele der alten Herren auf dem Feld tragen noch die zu Maos Zeiten populaeren blauen Anzuege mit Muetze.

Von der Schlucht gehts weiter mit dem Bus zur zwei Stunden noerdlich gelegenen Stadt Shangri-La. Der Name kommt uns bekannt vor, denn Shangri-La ist der sagenumwogene, fiktive Ort, den James Hilton in seinem 1933 veroeffentlichten Buch "Lost Horizon" (in deutsch als "Der Verlorene Horizont" und auch unter "Irgendwo in Tibet" erschienen) beschrieben hat. Wir erfahren, dass der Ort frueher Zhongdian hiess. Die Chinesen hatten irgendwie festgestellt, das es sich um den im Buch beschriebenen Ort handeln muesste und ihn im Jahr 2001 aus touristischen Erwaegungen in Shangri-La umbenannt. Die Stadt hat eine schoene Altstadt, eine moderne Neustadt und mehrere buddhistische Tempel um und in der Stadt. Es ist spuerbar kuehler, denn die Stadt liegt auf ueber 3000 m Hoehe. Die Gegend ist vom Mix der Minderheiten gepraegt, wobei Tibeter und Naxi 40% bzw. 18% der Bevoelkerung ausmachen - Chinesen stellen nur 22%. Das sieht man natuerlich besonders auf dem Markt. Dort und auf der Strasse werden seltsame Heilmittel angeboten, die von den Bewohnern in den Bergen der Umgebung gesammelt werden. Halb Wurm, halb Pilz soll es die koerperliche Abwehrkraft staerken und vor Krankheiten schuetzen bzw. heilen. Es ist sehr teuer und nur in hoher Dosis wirksam, sagt man uns, weshalb wir es nicht probieren. 

Hauptattraktion von Shangri-La ist das Ganden Sumtseling, eine grosse Klosteranlage an einem See gelegen und malerisch von Bergen umgeben. Der zentrale Tempel ist gerade im Wiederaufbau. Wir laufen fasziniert in den Gassen des Klosters herum, gehen in einen Tempel und sehen Moenche in einem Raum sitzen, schauen interessiert zu ihnen und werden auch gleich auf einen Tee von ihnen eingeladen. Die Verstaendigung ist schwer, denn keiner der Moenche spricht Englisch und Muttersprache der Moenche ist tibetisch, aber sie lernen natuerlich Chinesisch. So geht alles nur Wort fuer Wort mit dem Chinesisch-Woerterbuch. Immerhin erfahren wir, dass im Kloster 800 Moenche wohnen, sie 6 Uhr aufstehen und 10 Stunden am Tag die heiligen buddhistischen Schriften auf tibetisch studieren. Es gibt drei Mahlzeiten am Tag, wobei abends nichts gegessen wird. Ein 13-jaehriger Moench zeigt uns, was sie frueh morgens essen: Einen Teig aus Mehl und Wasser. Spaeter erfahren wir, dass es sich um das typisch tibetische "Tsampa" handelt, geroestete und zu feinem Mehl zermahlene Gerste. Sie duerfen Fleisch essen, essen aber kein Schlangen- oder Hundefleisch - wie sonst in China ueblich - und Alkohol ist tabu. Sie haben weder Fernseher, Radio noch einen Computer und acht Moenche teilen sich ein Handy.

In Shangri-La treffen wir auf ein italienisches Paar, Lorena und Luca, mit denen wir eine Tour in die Umgebung unternehmen. Wir besuchen einen alten Tempel und sehen mehrere Dzomos, eine Mischung aus Yak und Kuh, sowie jede Menge Schweine auf der Weide. Spaeter besuchen wir eine tibetische Familie in ihrem Bauernhaus. Wir koennen die gute Stube besichtigen, einen grossen bunt ausgemahlten Raum im Obergeschoss, der aber nur zu groesseren Feiern zwei oder dreimal im Jahr genutzt wird. Das Leben der Familie spielt sich in der Kueche ab, dort bekommen wir auch Yakmilchtee, Tsampa, Yakkaese und Kekse serviert. (Durch Doppelklick werden die folgenden kleinen Bilder groß.)

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