Japan, Hokkaido: Etwas gewoehnungsbeduerftig

Ein japanisches Faehrschiff bringt uns von der russischen Insel Sachalin in fuenfeinhalb Stunden nach Wakkanai auf Hokkaido, der noerdlichen Insel Japans. Auf der Faehre fuehlen wir uns bereits auf japanischem Boden. Alles ist super sauber und anstatt Sitzplaetze gibt es Liegebereiche mit Decken und Kopfkissen - somit steht unserer geruhsamen Fahrt nichts im Wege.

In Wakkanai angekommen, machen wir Bekanntschaft mit der viel zitierten japanischen Hoeflichkeit im Dienstleistungsbereich. Bei Betreten der oertlichen Bankfiliale richten sich sogleich alle Blicke der im Grossraumbuero verteilt an ihren Schreibtischen sitzenden 11 Bankangestellten auf uns und schmettern uns im Chor eine freundliche Begruessungsfloskel entgegen. Wir nehmen vor dem erstbesten Schreibtisch Platz und tragen unsere Bitte vor. Unserem Wunsch, Umtausch von Rubel in Yen, kann der Bankmitarbeiter zwar nicht nachkommen - dies ist in Japan wohl gar nicht moeglich - dafuer kopiert er uns bereitwillig einen Auszug aus dem Stadtplan, um uns den Weg zur naechsten Postfiliale zu zeigen. Bei Verlassen der Bank laesst es sich wiederum keiner der Anwesenden im Saal nehmen, uns den obligatorischen Abschiedgruss hinterherzurufen. Dieses Begruessungs- und Abschiedsritual begleitet uns auf unserer Japanreise in fast allen Lebensmittelshops und Restaurants.    

In der Jugendherberge von Wakkanai lernen wir, wie das mit dem innerhaeuslichen Schuhsystem in japanischen Unterkuenften funktioniert. Die Strassenschuhe stellen wir vor Eintreten in Schuhregalen am Eingang ab und wechseln in die bereitgestellten und fuer unsere westlichen Fuesse irgendwie immer zu kleinen Hauspantoffeln. Diese muessen wir wiederum ausziehen, wenn wir die mit Tatami-Matten ausgelegten Wohnbereiche betreten, wie bspw. Tee-Ecke im Aufenthaltsraum oder Schlafzimmer. Fuer Dusch- und Toilettenraeume stehen nochmal jeweils extra Pantoffeln bereit, die wir tunlichst auch dort belassen sollten und nicht damit in den Aufenthaltsraum traben, weil wir vergessen haben, wieder zu wechseln. Auch der Toilettengang selbst hat seine Tuecken, denn wir finden ein Multifunktionsgeraet vor mit beheizter Klobrille, Wasserstrahlen in unterschiedlicher Staerke und den unterschiedlichsten auf japanisch beschrifteten Knoepfen an der Seite. Da muessen wir schon laenger nach dem wichtigen Spuelknopf suchen. Auch Duschen ist anders. Erst als wir den Blick senken, fallen uns die Duschkoepfe an der Wand auf Sitzhoehe auf, wo sich ebenfalls die Spiegel befinden. Daneben stehen Plastikhoeckerchen. Aha, die Japaner duschen also im Sitzen.

In Wakkanai lernen wir Mika, Englischlehrerin an einer privaten Junior Highschool in Osaka, kennen. Wir fahren mit ihr nach Toyotomi zu einem Familiengefuehrten Gaestehaus auf dem Land. Bei der Familie finden sich an diesem Tag 20 Gaeste ein, die alle zu Abend bewirtet werden wollen. Essenszeiten sind sehr strickt und einzuhalten. Wer zu spaet kommt, bekommt nichts, was z.B. bei der Fruehstueckszeit von 7 Uhr etwas schwerfaellt.  Und abends puenktlich 19 Uhr laeutet der Hausherr zum Abendessen und alle finden sich im grossen gemuetlichen Wohnzimmer ein. Es wird reichlich und lecker aufgetischt. Wir drei nehmen zusammen mit 6 Japanern am bestuhlten Ecktisch Platz, der Rest setzt sich an Minitische auf den Teppichboden. In einer Art Fondue geben wir exotische Pilze, Fleischstueckchen, Kartoffelscheiben und Gemuese in einen Topf brodelnder Milch. Jeder hat vor sich zusaetzlich ein Tellerchen voll roher Fischkoestlichkeiten stehen und verschiedene Sossen und Beilagen werden herumgereicht. Mika hilft bei der Verstaendigung mit unseren japanischen Tischnachbarn. Die meisten kommen wie Mika aus dem Sueden, sind mit dem Motorrad oder Fahrrad unterwegs und nutzen die Feiertage - es wird das O-Bon Totenfest begangen - fuer eine Spritztour auf Hokkaido, wo es im Sommer gegenueber den staedtischen Ballungszentren im Sueden angenehm kuehl ist. Nachdem der Inhalt der Toepfe geleert ist, wird Reis in die verbleibende milchige Suppe geschuettet, gekocht und zum Essen in Schalen verteilt. Danach sind wir mehr als satt und ziehen uns zufrieden auf unsere Zimmer im Obergeschoss des Hauses zurueck. Hier zeigt uns Mika eine andere Art der japanischer Hoeflichkeit. Sie schreibt allen ihren 36 Schuelern eine Postkarte aus ihrem 4-taegigen  Hokkaido-Sommerurlaub. Allerdings nicht auf Englisch, sondern Japanisch, denn vielleicht wuerden die Schueler englische Kartengruesse (nach 3 Jahren Englisch) nicht verstehen und das waere dann wieder unhoeflich.

Wir wollen wandern und begeben uns zum Daisetsuzan Nationalpark (siehe Wanderbericht: Fuchs und Bär am Vulkankrater) und besuchen danach Sapporo, die groesste Stadt der japanischen Nordinsel. Sapporo ist fuer japanische Verhaeltnisse eine sehr junge Stadt - gerade einmal 200 Jahre alt - hat allerdings die aelteste Bierbrauerei Japans, geruendet 1876.  Das Sopporo-Bier schmeckt und im Brauereimuseum finden wir sogar deutsche Sapporo-Bier-Ediketten aus dem Jahr 1890. Kein Wunder, denn der Gruender der Brauerei war zur Ausbildung in Deutschland gewesen. 

Besonders gewoehnungsbeduerftig sind fuer uns auch die Preise in Japan. Leider ist der Yen auch auf einem 15-Jahreshoch und das schmerzt in einem ohnehin teueren Land doch arg, aber da muessen wir nun durch.

Natuerlich kommen wir in Japan - dem Land des Sushi - nicht drumherum, die Rohfischspezialitaeten auch zu probieren. Ein beliebter und erschwinglicher Ort, um dies zu tun, sind Kaiten-Sushi-Restaurants. Hier rollt der Fisch auf unterschiedlich farbigen Tellern per Laufband vorbei und man nimmt sich die gewuenschten Teller. Im inneren Kreis des Laufbands stehen die Koeche, die fuer regelmaessigen und frischen Nachschub an Fischhaeppchen auf dem Band sorgen. Abgerechnet wird am Ende anhand der Anzahl der leeren Teller, wobei jede Farbe fuer eine bestimmte Preiskategorie steht. Sehr praktisch, wie wir finden. Besonders am Abend sind diese kleinen Restaurants ueberfuellt, wenn naemlich die japanischen Geschaeftsleute aus ihren Bueros zum Essen kommen. Da muessen wir uns schon mal in eine Liste eintragen und auf der Wartebank im Restaurant Platz nehmen, bevor die nette Bedienung unseren Namen nennt und uns einen frei gewordenen Platz am Band zuweisen kann. Unser Fazit: Sushi essen in Japan ist nicht nur lecker, sondern ein Erlebnis. Es macht Spass den Koechen beim Zubereiten der unterschiedlichen Sushi Varianten zuzuschauen und hinterher die neuen, fein garnierten, Fischkreationen auch zu kosten. (Durch Doppelklick werden die kleinen Bilder groß.)

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