China, Tibet Teil 2: Blick zum Mt. Everest

Von Lhasa aus unternehmen wir Abstecher zu den buddhistischen Kloestern Drepung und Sera. Im ersteren sind gerade grossflaechige Restaurierungen im Gange. Dabei steht eine mit Besen bewaffnete Bauarbeiterinnenkolonne auf dem Tempeldach, singt, tanzt im Gleichtakt und klopft somit den frisch zementierten Boden fest. Das Schauspiel vermittelt soviel Enthusiasmus bei der Arbeit, dass wir eine ganze Weile dem Klosterarbeitstrupp zuschauen. Der Drepung Klosterkomplex ist recht gross mit vielen schoenen Gebaeuden, aber nicht alle sind nach den Zerstoerungen der Kulturrevolution wieder aufgebaut worden. Frueher lebten im  Drepung Kloster ueber 7000 Moenche. Heutzutage ist das Kloster staatlich organisiert und die Anzahl der Moenche auf maximal 400 begrenzt. Alle Spendeneinnahmen muessen an die Regierung abgefuehrt werden. Dafuer bekommen die Moenche ein kleines Gehalt vom Staat und stehen somit unter staatlicher Aufsicht.

Im Sera Kloster stroemen die Besucher gezielt in einen der Klosterhoefe, wo Moenche sich zur Debatierstunde versammelt haben, um sich in der hohen Kunst zu ueben. An sich ein schoenes Bild, allerdings wird es streckenweise bizarr, wenn einige Debattiergruppen von den insbesondere asiatischen Touristen regelrecht belagert werden, um mit ihren Kameras moeglichst nah am Geschehen zu sein.

Nach vier Tagen in Lhasa fahren wir mit Tsam, unsere junge Reisegegleiterin, und unserem Fahrer im vollbepackten Minivan ueberland. Tsam kommt aus einem auf ueber 4000 Metern hoch gelegenen kleinen Dorf mitten in der Himalaya Region. Sie kam nach Lhasa, um Geschichte zu studieren und arbeitet nun seit zwei Jahren als Reisebegleiter. Als Tibeterin ist sie nach wie vor ihren chinesischen Nachbarn im Land nicht gleichgestellt. Beispielsweise bekommen Tibeter keinen Pass, was Auslandreisen so gut wie unmoeglich macht. Tibeter duerfen sich ausser in China nicht frei bewegen. Dabei wuerde Tsam allzu gern mal nach Indien und Nepal reisen. Ihre Zurueckhaltung und leichte Nervositaet im Umgang mit den chinesischen Polizisten bei unseren Kontrollen ueberland ist ihr anzumerken. Sie ist darauf bedacht mit uns westlichen Touristen im Schlepptau auch alles richtig zu machen.

Ganz anders unser Fahrer, ein Mitte 50-jaehriger Tibeter, dem nichts aus der Ruhe zu bringen scheint. Und das schlaegt sich auch in seinem Fahrstil nieder: gemaechlich tuckern wir die mehr als 300 km am Tag ueber die vielen Hochplateaupaesse. Am zweiten Tag haben wir und vorallem Tsam schon Panik, dass wir es bei seiner langsamen Fahrweise nicht rechtzeitig zum Beantragen der Zutrittsscheine fuer das Mt. Everest Basecamp schaffen, zu dem wir tagsdrauf fahren. Gegen halb 5 zittern wir alle unserem Uebernachtungsort Shigatse entgegen, wo Tsam schliesslich aus dem Wagen sprintet. Sie schaffte es noch zur Behoerde, die 17:30 Uhr ihre Pforten schliesst, um weitere Permits abzuholen, damit wir am naechsten Morgen zeitig starten koennen. Am Abend erklimmen wir den schoenen Pilgerpfad, der sich entlang der Mauern des Shigatse Klosterbezirks herum nach oben windet. Von dort bietet sich uns ein toller Blick auf die bergige Landschaft und die goldenen, in der Abendsonne glaenzenden Klosterdaecher. 

Am naechsten Morgen ist es dann soweit und wir nehmen nochmals eine schier endlos erscheinende Fahrt im engen Minivan auf uns, um ihn zu sehen: den hoechsten Berg der Erde. Als schon die Sonne langsam hinter den Bergen verschwindet, erreichen wir schliesslich das Basecamp. Zugegeben, es ist nicht direkt das Basislager der Bergsteiger, denn da duerfen einfache Touristen nicht hin, sondern ein Zeltlager davor. Der schneebedeckte, schroff in das Himmelblau aufragende Everestgipfel erhebt sich maechtig vor uns - was fuer ein Anblick! Uebernachten tun wir praktischerweise bei Tsams aelterer Schwester, die hier auf 5.100 Meter eines der vielen Besucherzelte waehrend der Saison betreibt. Nach Anfeuern des kleinen Ofens ist es im Zelt rauchig, aber schoen warm. Draussen herrscht eiskalte, sternklare Dunkelheit. Die Nacht wird kurz und zumindest fuer Tina schlaflos (auf ueber 5000 Meter zu naechtigen ist dann doch nochmal eine grosse Umstellung fuer den Koerper). Um 4:30 Uhr in der Fruehe setzen wir uns schon wieder in den kalten Wagen, um den Sonnenaufgang vom Hochplateaupass aus zu erleben. (Durch Doppelklick werden die kleinen Bilder groß.)

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