Peru: Am Nabel der Welt

Wir sind in Cusco angekommen, dem "Nabel der Welt", was "Cusco" auf Quechua, der Sprache der Inkas, bedeutet. Die Stadt war der Mittelpunkt der vier Reiche des maechtigen Inkastaates, der sich vom Sueden Kolumbiens bis nach Nordargentinien erstreckte. Das heutige Altstadtbild Cuscos wird jedoch durch die spaeteren Bauten der spanischen Eroberer gepraegt, die nach dem Sturz des letzten Inka Herrschers im 16. Jh die Gebaeude der Stadt abtrugen und auf den Inka-Grundmauern eine christliche Kolonialstadt mit vielen Kirchen und Palaesten errichteten.

Ueberbleibsel aus der goldenen Inka-Epoche finden wir u.a. hoch oben ueber den Daechern der Stadt in den beeindruckenden Mauern des Sacayhuaman Tempels. Und auf den Strassen Cuscos feiern die Einwohner, die zum grossen Teil von den Inka abstammen, in bunten und ausgelassenen Prozessionen ihr Brauchtum und ihre Tradition mit praechtigen Kostuemen und Taenzen.

Der reiche Kulturschatz in und um Cusco wird entsprechend vermarktet und so ist ein stattlicher Eintrittspreis zu berappen, um Kirchen und vorallem die Inkaruinen in der Stadt und der naeheren und weiteren Umgebung zu besichtigen. Das aergerliche dabei: Einzeltickets sind nicht zu bekommen, stattdessen gibt es teure Sammeltickets fuer drei oder alle neun mehr oder weniger sehenswerten Inka-Ruinen(-ueberreste). Ausnahme bildet die beruehmteste Inka Kultstaette und die groesste Touristenattraktion des Landes - Machu Picchu, dem Nabel der peruanischen Tourismuswelt sozusagen. Hier wird ordentlich hingelangt: Schlappe 40 Euro kostet allein der Eintritt inklusive Museumsbesuch. Und da keine Strasse zum Ausgangsort Aguas Calientes fuehrt, ist man auf einen Zug angewiesen (oder man laeuft zwei Stunden an den Bahnschienen zum Ort). Auf der wohl rentabelsten Bahnstrecke des Landes ist die guenstigste Hin- und Rueckfahrt fuer 45 Euro zu haben. Zu den unguenstigsten Tageszeiten wohlgemerkt, abends spaet und morgens frueh, wodurch der Ausblick auf die schoene Tallandschaft in der knapp 2 Stunden dauernden Fahrt durch Dunkelheit bzw. Morgennebel ausbleibt. Etwas bessere Fahrzeiten sind dann fuer den doppelten Fahrpreis zu bekommen.

Wir entscheiden uns fuer die "guenstige", ausblickslose Fahrt und erklimmen am naechsten Morgen gegen 5 Uhr in der Fruehe im Eiltempo die 400 Hoehenmeter von Aguas Caliente zum Eingang von Machu Picchu, um Punkt 6 Uhr zur Oeffnung der Anlage dazusein und uns den ersehnten Stempel fuer die Besteigung des Huayna Picchu abzuholen (taeglich sind nur 400 Personen zugelassen - wer zu erst kommt mahlt zuerst). Voellig durchgeschwitzt vom Aufstieg passieren wir erwartungsvoll die Einlasschranken und werden begruesst von grauem, dicken Nebel. Es dauert eine geschlagene Stunde bis die Sonne Erbarmen zeigt und sich langsam durch das Nebelmeer schiebt. Die Blicke auf Berge und Ruinen, die sich durch das nun folgende Wolken-, Sonne-, und Nebelspiel auftun, sind wunderschoen. Und auch der Aufstieg zum Huayna Picchu hat sich auf jeden Fall gelohnt.

Von Cusco aus steuern wir in einer 19 h Busfahrt die Hauptstadt Lima an, eine 8 Millionenmetropole (inkl. Vorstaedte) und ehemalige Oasenstadt zwischen den langen Wuestenstreifen an der Kueste Perus. Von der Flussoase ist im riesigen Haeusermeer allerdings nicht mehr viel uebrig. Vom Bushalteplatz nehmen wir ein Taxi in die Innenstadt. Und wir merken sofort, dass Lima auch fuer Taxifahrer kein ungefaehrliches Pflaster ist, denn unser Fahrer sitzt zum eigenen Schutz hinter einem Metallgitter. Ob das allerdings gegen bewaffneten Ueberfall hilft, ist fraglich. Am spaeten Nachmittag werden uns Einheimische vorm Weitergehen in ein Viertel neben der Altstadt warnen, fuer Touristen ist es dort einfach zu gefaehrlich. Am Hotel angekommen, erwartet uns die zweite Ueberraschung, diesmal eine positive: Unsere Unterkunft ist ein wunderschoenes Kolonialherrenhaus mit Wendeltreppen, Glaskronleuchtern, goldumrahmten Gemaelden und Spiegeln an den Waenden und griechischen Gipsstatuen ueberall in Gang und Zimmern. Auf der pflanzenumwucherten Dachterasse wohnt eine Pfauenfamilie, ein sprechender Papagei sowie ein die Gipsstatuen ankanppernder, farbenpraechtiger Ara. Wir fuehlen uns wie im lebenden Schlossmuseum, einer richtigen Oase in der lauten Millionenstadt.

Neben unserem Hotel gehts dagegen gruselig zu. Unter dem prachtvollen Kirchensaal der San Francisco Kathedrale liegt ein Katakombensystem, das die Gebeine von 25.000 verstorbenen Buergern der Stadt Lima beherbergt und die teilweise besichtigt werden koenen. Die Tunnelgewoelbe wurden bis 1810 und fuer knapp 200 Jahre als staedtischer Friedhof genutzt. Ansonsten geniessen wir die koloniale Pracht der ehemaligen Hauptstadt des Vizekoenigreichs Peru, das bis 1717 alle spanischen Besitzungen in Suedamerika umfasste. Lima ist damit sozusagen der ehemalige Nabel der Welt des spanischen Suedamerikas.

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