Syrien: Ein kleiner Kulturschock Fuer uns ist Syrien anfangs ein kleiner Kulturschock. Schon der Grenzuebertritt ist ein Erlebnis. Vom tuerkischen Sanliurfa kommend, wartet das Taxi, das uns die 500 Meter ueber die Grenze faehrt, da es nicht erlaubt ist, zu Fuss zu gehen. Erst nachdem wir bezahlt haben, bemerken wir, dass weitere drei Herren die Fahrt in dem Kleinwagen gebucht haben und gleich die Rueckbank in Beschlag nehmen. So quetschen wir uns beide zusammen auf den Beifahrersitz. Um den syrischen Einreisestempel zu bekommen, muessen unsere Pass- und Visadaten nebst Vater- und Muttername sowie Beruf ins Arabische uebertragen werden. Da unsere englischen Erklaerungen auf die Frage des Grenzbeamten "Ich bin Polizist und was bist du?" nicht verstanden werden, einigen wir uns nach einiger Zeit auf irgendwas mit Computer und erhalten endlich den Einreisestempel. Mit einem elektronischen Fieberthermometer wird danach vorsorglich unsere Koerpertemperatur am Ohr gemessen - wohl gemerkt nur bei uns, nicht bei unseren arabischen Mitfahrern. Weiter geht es mit dem Minibus nach Raqqa. Die Stadt macht auf uns einen eher heruntergekommenen Eindruck, ueberall liegt Muell auf der Strasse. Die Wegweiser sind ausschliesslich auf arabisch. Einen Geldautomaten scheint es nicht zu geben und der einzige Taxifahrer, der ein paar Brocken Englisch spricht, versichert uns, dass auch die oertliche Bank um diese Zeit, es ist 15 Uhr, bereits geschlossen hat. So bezahlen wir den Minibusfahrer notgedrungen in Dollar. Fuer unser Geldwechselproblem weiss unser Taxifahrer eine Loesung: "Fragt doch beim Goldhaendler!". So klappern wir zusammen mit ihm die Juweliere der Stadt ab und schon der dritte ist bereit, zu einem schlechten Kurs Euro in Syrische Pfund umzutauschen. Eigentlich wollen wir weiter zu einer Wuestenstadt fahren, aber kein Taxifahrer will uns dahin bringen. Da es immer spaeter wird und wir nicht in Raqqa bleiben wollen, entschliessen wir uns nach Aleppo zu fahren. Der Ticketkauf ist kein Problem, doch dann uebertraegt der Polizist, zu dem wir anschliessend gefuehrt werden, unsere Reisedaten nebst Passdaten, Vater- und Muttername sowie Beruf in ein grosses Buch ins Arabische - irgendwie kommt uns das alles sehr bekannt vor... Zum Glueck wartet der fast voll besetzte Bus auf uns. In Aleppo erleben wir unsere bislang haarstraeubendste Taxifahrt. Vom Busbahnhof ins Zentrum gibt unser Taxifahrer richtig Gas, draengt sich im Millimeterabstand an den anderen Autos vorbei, ignoriert hartnaeckig jede Fahrspur und betaetigt unablaessig die Hupe. Nach diesem anstrengenden Tag sind wir froh, sicher im Hostel in Aleppo anzukommen. Auch so macht die Stadt einen viel freundlicheren Eindruck. Am naechsten Tag bewundern wir die grossartige Citadelle der Stadt und streifen durch den lebendigen Suq. Vom anfaenglichen Kulturschock erholen wir uns und lernen die Freundlichkeit der Syrer kennen. "Welcome to Syria" - das sind die Worte, die wir auf Schritt und Tritt zu hoeren bekommen. Ueberhaupt freuen sich vorallem die jungen Syrer mit Fremden ein paar Saetze in Englisch zu wechseln. Wir werden mehrmals auf der Strasse angesprochen und gefragt, woher wir kommen, wie es uns in Syrien gefaellt und was wir im Land bereits gesehen haben. Ein ergreifendes Erlebnis haben wir in Mysiaf. Der Ladenbesitzer, bei dem wir Bananen kaufen wollen, ist so erfreut von unserem Besuch, dass er uns gar nicht gehen lassen will. Er besteht darauf, dass wir Platz nehmen, die Kekse in seinem Laden probieren und uns Getraenkedosen aussuchen. Die Bananen, Kekse und Getraenke gehen selbstverstaendlich auf Kosten des Hauses. Danach telefoniert er mit einem Freund, der wenig spaeter mit dem Auto vorfaehrt. Denn unsere Gastgeber moechte uns die Burg, das Wahrzeichen der Stadt, zeigen. Wir haben Muehe ihm zu erklaeren, dass wir die Burg soeben besichtigt haben und zeigen ihm zum Beweis unsere Kamera-Bilder. Dennoch laesst er es sich nicht nehmen, uns samt Freund als Fahrer mit dem Auto die 500 Meter zur Minibusstation zu fahren. Zum Abschied werden wir herzlich umarmt, gekuesst und als der Bus losfaehrt, hat unser netter Gastgeber sogar Traenen in den Augen. Wettertechnisch holt uns in Syrien der Herbst ein. In der Nacht ist es schon recht kuehl, dafuer schwitzen wir tagsueber. Letzteres koennen die Syrer gar nicht verstehen. Sie drehen im voll besetzten Minibus die Heizung auf, in Sorge darueber Uwe in seinem T-Shirt koennte frieren. Sie fragen uns, weshalb wir ausgerechnet zu dieser Jahreszeit ihr Land besuchen, im Sommer sei es doch viel schoener. An drei Tagen haben wir Nebel, Regen und Sandsturm. Einmal bleibt sogar die Wuestenstrasse nach Palmyra aufgrund von Ueberschwemmungen fuer Busse geschlossen. Aber auch das nasse Wetter hat seine positiven Seiten. Die grossen hoelzernen Wasserraeder von Hama, Wahrzeichen der Stadt, beginnen sich zu drehen, da der Wasserspiegel im sonst fast ausgetrockneten Flussbett wieder steigt. |