Indien, Mumbai und Goa: Koloniales Erbe

Wir starten unsere Indienreise in Mumbai, der mit 17 Mio. Einwohnern groessten Stadt des Landes. Nach all den Berichten, die wir ueber Indien gehoert haben, sind wir ueberrascht. Kein chaotisches Menschengedraenge vor dem Gateway of India, dem maechtigen Basalttorbogen am Hafen von Mumbai. Autoleere Strassen am fruehen Morgen in Colaba, dem Viertel, in dem wir wohnen. Und die Haendler an den Souvenirstaenden sind nicht aufdringlicher als auf den Bazaaren im nahen Osten.

An vielen Orten versprueht Mumbai den Charme der vergangenen Kolonialzeit, wo die Stadt als wichtiger Handelshafen der Englaender diente. Die unzaehligen schwarz-gelben Taxis scheinen den 70er Jahren zu entstammen. In den alt ehrwuerdigen Kolonialgebaeuden mit ihren dekorativen Aussenfassaden sitzen Post- und Bahnbeamte hinter hoelzernen, verglasten Schaltern vor grossen Papierstapeln. Der Victoria Terminus, der Hauptbahnhof Mumbais, ist ein Musterbeispiel dafuer. Am Morgen stroemen hunderte Pendler aus dem Bahnhofsgebaeude, um sich in die Menschenschlange fuer einen Bus, ein Taxi oder eine Autorikscha einzureihen. Das Gedraenge der Leute wirkt jedoch nicht hektisch. Das mag zum Teil auch an der Hitze liegen. Sie macht uns in den ersten Tagen am meisten zu schaffen. Wir schwitzen bei schwuelwarmen 34 Grad. Am angenehmsten ist es in den Abendstunden. Entlang der Uferpromenade Marine Drive und am Chowpatty Beach, dem Sandstrand Mumbais, erleben wir einen der schoensten Sonnenuntergaenge unserer bisherigen Reise.

Vom Gateway of India fahren wir mit dem Boot zur nahe gelegenen Elephant Island. Die um 450 bis 750 v. Chr. in Basalt gehauenen Tempelanlagen der Insel sind Weltkulturerbe. Die riesigen Goetterstatuen aus Stein in den Tempelhoehlen sind beeinruckend. Mit dem Taxi geht unsere Besichtigungstour weiter zur groessten und aeltesten Openair "Waschmaschine" Mumbais. Taeglich waschen hier ueber 5000 Leute von Hand die schmutzigen Kleidungsstuecke der Bewohner und Touristen. Auch wir nehmen den Waschservice in Anspruch, geben frueh um 9 Uhr die Waesche im Hotel ab und erhalten diese sauber um 5 Uhr abends wieder zurueck. Ein Vorteil der Hitze - die nasse Waesche trocknet im Handumdrehen.

Unser naechstes Ziel heisst Goa. Mit 1,4 Mio Einwohnern ist Goa der kleinste Bundesstaat Indiens und vorallem wegen seiner von Kokospalmen gesaeumten Sandstraende beruehmt. Nach dem Grosstadttrubel ist das genau das Richtige fuer uns. Kaum sind wir am Strand angekommen, stehen die geschaeftstuechtigen Haendler bereit, um nach einer unverfaenglichen Unterhaltung ihre Waren, Schmuck und Tuecher, vor uns auszubreiten. Wir erliegen den Verkaufskuensten der anhaenglichen jungen Frauen und entscheiden uns nach zaehen Verhandlungen und einer Stunde in der Mittagssonne fuer Armband und Kette.

An die vielen Rinder am Strassenrand und an den Verkehrsknotenpunkten in den Staedten haben wir uns bereits gewoehnt. Der Anblick ganzer Rinderherden am Strand, die scheinbar herrenlos und in aller Gelassenheit zwischen den Badenden umherlaufen, muss sich jedoch erstmal setzen.

Eine Besonderheit Goas ist sein portugiesisch christliches Erbe. Der Bundesstaat war 450 Jahre, bis 1961, in portugiesischer Hand. Alt Goa, die ehemalige Hauptstadt Potugiesisch-Indiens ist heute ein nahezu verlassener Ort mit acht prachtvollen barocken Kirchen und zwei Kloestern. Alljaehrlich am 3. Dezember stroemen zehntausende Glaeubige in den Ort, um das Grab von St. Francis Xavier, Mitbegruender des Jesuitenordens, zu besuchen und an Openair Massengottesdiensten teilzunehmen. St. Francis Xavier hat einige Jahre in Goa gewirkt und wird von der christlichen Gemeinde Goas sehr verehrt. Wir geniessen die feierliche Stimmung an diesem Tag und reihen uns ein in die ewig langen Reihen von Menschen, die darauf warten, einen Blick auf das Grab des Heiligen zu werfen. Dort wo nicht angestanden wird, sitzen Inder beim Picknick oder schlendern entlang der unzaehligen Verkaufsstaende. Auch sehen wir einen voellig anderen Umgang der Leute mit den Gotteshaeusern. In den kuehleren Kirchenraeumen halten Glaeubige auf Zeitungspapier ein Nickerchen. Und viele Pilger scheinen gar ihr Nachtlager in der Kirche aufgeschlagen zu haben.

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