Indien, Karnataka: Tempel und Gurus

Um von Goa nach Hampi zu kommen, fahren wir ueber Nacht mit einem sogenannten Deluxe Bus mit Liege und Klimaanlage. Letzteres entpuppt sich als "Fahren mit offenen Fenstern". Dennoch sind wir froh, die Nacht im Liegen zu verbringen, wobei an Tiefschlaf auf der holprigen Landstrasse nicht zu denken ist. Gegen 4 Uhr in der Fruehe gibt es einen lauten Knall und unser bis aufs Dach voll beladener Bus hat eine Reifenpanne. Sogleich wird mit dem Reifenwechsel begonnen. Wir steigen aus und stehen voellig im Dunkeln. Uns ist etwas mulmig zumute. Der Bus steht mitten auf der Strasse, ist in keiner Weise beleuchtet und ein Warnkreuz gibt es natuerlich auch nicht. Zum Glueck weichen die auf uns zukommenden LKW's immer rechtzeitig aus.

Hampi war einst die maechtige Hauptstadt des letzten suedindischen Hindu-Koenigreichs (14.-16. Jh.) mit einer halben Mio. Einwohner. Davon sind heute zwei kleine Doerfer und unzaehlige Tempelanlagen und Ruinen geblieben. Der Ort liegt inmitten einer bizarren, von Palmenwaeldern umsaeumten Fluss- und Felslandschaft. Das Zentrum Hampis bildet der imposante Virupaksha Tempel, der bis heute ein Wallfahrtsort ist. Wir haben Glueck, denn am Abend unserer Ankunft findet ein Tempelfest statt. Hunderte Glaeubige haben sich im Inneren der Tempelanlage versammelt. Der Bereich erstrahlt im Licht brennender Kerzen und Oellampen, die von den Pilgern auf dem Steinboden angezuendet werden. Wir wandeln barfuss auf dem wachsgetraenkten Stein inmitten der Menge und beobachten fasziniert die verschiedenen Gebetsrituale. Lakshmi, der feierlich geschmueckte Tempelelefant, segnet die Glaeubigen mit seinem Ruessel.

Vor dem Tempel fallen uns die vielen bunten Staende mit Gesichtsfarbe auf. Zunaechst wundern wir uns, wer so viel Farbe wohl kauft. Aber schauen wir in die Gesichter der Frauen, haben sie fast alle einen roten Punkt auf der Stirn. Auch die Maenner tragen oft weiss-orangene Streifen im Gesicht. Und diese muessen schliesslich jeden Tag erneuert werden.

Auf unserer Besichtigungstour durch die Tempelanlagen werden wir immer wieder von Schulklassen umringt. Da heisst es fleissig Haende schuetteln und die Fragen "Was ist dein Name?" und "Wo kommst du her?" zu beantworten. Beliebt ist auch immer ein gemeinsames Gruppen- oder Familienbild mit uns Westlern. An einem Hoehlentempel am Fluss spricht uns ein Guru an, der uns seinen Tempel zeigt und Uwe anschliessend eine kurze Einfuehrung in Yoga gibt.

Um den Hanuman-Tempel zu besuchen, leihen wir uns ein Moped aus. Die Maschine hat keine Gangschaltung, nur Gas und Bremse. Die PS-Zahl ist so gering, dass Tina beim Berghochfahren absteigen muss - zwei Personen schafft das Moped nur auf gerader Strecke. Um die hundert Stufen geht es rauf zum Tempel. Oben angekommen, begruesst uns eine Horde bananenhungriger Affen. Wir haben leider nur drei Bananen dabei, haetten es aber besser wissen muessen: Hanuman ist der hinduistische Affengott.

Zu Ende unseres Hampi-Aufenthalts koennen wir eine Verlobungszeremonie von wohlhabenden Indern miterleben. Im farbenpraechtigen Zelt, das tagsueber auf der Basarstrasse aufgebaut wird, versammelt sich am Abend das halbe Dorf, um mitzufeiern. Die zukuenftige Braut wird von den Verwandten mit Reis und Bluetenblaettern gesegnet. Am Ende nimmt das Paar auf den goldgeschmueckten Sesseln auf der Buehne Platz und bekommt Blumenkraenze ueberreicht. Und natuerlich wird die gesamte Zeremonie detailgenau auf Video- und Bildkamera aufgezeichnet.

Von Hampi aus geht es in die Berge (siehe unseren Wanderbericht) und dann nach Mysore mit seinem beruehmten 1912 fertiggestellten Maharaja Palast. Wir sind beeindruckt von der prachtvollen Innenausstattung. Wirklich grandios von aussen wirkt der Palast, wenn am Wochenende abends die ueber 10.000 Lampen am Gebaeude erstrahlen. Beim Schlendern durch die Marktstrassen stellen wir wieder einmal fast, in Indien liegen Neu und Alt ganz nah beisammen: Laeden mit den neuesten Plasmabildschirmen und Computern versus Briefschreibeservice am Strassenrand - wohlgemerkt mit Schreibmaschine und Blaupapier.

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