Indien, Kerala: Wilde und zahme Elefanten

Unser erstes Ziel ist der im Norden Keralas gelegene Wayanad Nationalpark, um wilde Elefanten zu sehen. Zunaechst versuchen wir unser Glueck mit einer einstuendigen Jeeptour. Ausser viel Gestruepp, zwei Pfaue und einen wilden Auerhahn erspaehen wir keine grossen Tiere vom Wagen aus, der mit lautem Motorgeraeusch durch den Park tuckelt. Wir wollen noch nicht aufgeben und schlagen uns unweit der Landstrasse allein zu Fuss in den Wald. Immerhin finden wir Fussstapfen der Elefanten. Nach mehrstuendiger Suche werden wir belohnt und erblicken zwischen Baumstaemmen und hohem Gras das graue Tier mit wackelnden Ohren. Es bahnt sich gemaechlich seinen Weg durchs Gebuesch und zeigt sich dann in voller Groesse - ein maechtiger Elefantenbulle. Wir beobachten das Tier fasziniert vom Strassenrand aus. Ploetzlich bremst vor uns ein LKW ab. Der Beifahrer steigt aus und kommt auf uns zugerannt. Er gestikuliert heftig mit den Armen. Nun verstehen wir. Er ist um unsere Sicherheit besorgt und draengt uns mit ihm in den LKW zu steigen. Der lieb dreinschauende Elefant hat wohl schon drei Menschen auf dem Gewissen, so erklaert uns unser Retter, als wir sicher im Wagen sitzen. Neben wilden Elefanten hat Wayanad eine imposante Berglandschaft mit ausgedehnten Teeplantagen zu bieten. Wir unternehmen eine schoene Wanderung zum Chembra Peak, den mit 2100 m hoechsten Berggipfel der Region.

Nun geht es weiter suedwaerts an die Kueste zum Fort Kochi, einer alten Hafenstadt am arabischen Meer. Beruehmt ist Kochi fuer die grossen, imposanten Fischernetze am Hafen. Das Stadtbild ist ein Mix verschiedener Nationen und Religionen, die ueber die Jahrhunderte ihre Spuren im Ort hinterlassen haben. Im 4. Jh landeten syrische Christen hier als Haendler. Danach kamen Juden und Araber, spaeter Portugiesen, Hollaender und Briten. In den Strassen bekommen wir etwas Weihnachtsstimmung mit, denn viele Kirchen und Haeuser sind mit bunten, abendlich beleuchteten Weihnachtssternen geschmueckt. 

In Kochi besuchen wir eine Kathakali Auffuehrung. Im Kathakali, einem traditionellen Tanz Keralas, werden Geschichten aus der hinduistischen Mythologie erzaehlt. In Kochi, scheint es, wird der Tanz allabendlich allein fuer ein interessiertes Touristenpublikum aufgefuehrt. Es ist schoen anzusehen, wie sich die Schauspieler durch das Auftragen von Make-up und dem Tragen ueppiger Gewaender in die Goetter verwandeln, die sie im Spiel darstellen. Begleitet durch treibende Trommelschlaege und einem durchdringenden Mantragesang vollfuehren die Schauspieler danach ihren Tanz und verkoerpern hochmuetige, zuernende und am Ende gnaedige Goetter.

Die Bewohner Keralas sind fuer ihre Demonstrations- und Streiklust bekannt. Und prompt als wir zum ca. 80 km entfernten Kondanadu Elefanten Trainingscamp fahren wollen, streiken die Taxifahrer in Kerala. Wir haben Glueck, trotz Streik kann unser Hotelbesitzer ein Taxi organisieren. Das Taxi ist ein weisser Ambassador, ein eleganter und bequemer Oldtimer. Wir beglueckwuenschen unseren Fahrer, dass er seinen Wagen so gut in Schuss gehalten hat. Daraufhin meint er, dass er den Wagen vor 5 Jahren neu gekauft hat. Wir sind verbluefft und recherchieren spaeter im Internet. Tatsaechlich wird der Ambassador seit ueber 40 Jahren mit kaum veraendertem Design gefertigt und es gibt ihn immer noch als Neuwagen zu kaufen. Nach anderthalb Stunden Fahrt erreichen wir das Elefantencamp. Jeden Morgen werden die Tiere im nahe gelegenen Fluss gebadet und mit Kokosschalen abgeschrubbt. Wir schauen dem Spektakel zu und legen auch selbst Hand an die lederne, borstige Elefantenhaut an. Den Elefanten scheint das gut zu gefallen und wir freuen uns, den Tieren mal so nah sein zu koennen. Nach dem Bad wird Futter gereicht - eine Riesenmasse klebriger brauner Reis verschwindet in den Maeulern. Am Ende entscheiden wir uns dann noch spontan fuers Elefantenreiten. Auf der Rueckfahrt nimmt unser Taxifahrer einige Umwege in Kauf, um nicht von streikenden Taxifahrern an der Weiterfahrt gehindert zu werden.

Einen weiteren Streik erleben wir einige Tage spaeter. Von 6 bis 18 Uhr fahren in Kerala keine Busse, Taxis und Auto-Rikschas, Laeden und Restaurants haben geschlossen. Wie wir von Einheimischen erfahren hat die Hindupartei dazu aufgerufen, um bei der Regierung von Kerala - die zur Zeit kommunistisch ist - gegen den Preisanstieg fuer Lebensmittel und zu hohe Steuern zu protestieren. Ueberhaupt fallen uns in Kerala die vielen roten Fahnen mit Hammer und Sichel auf. An zahllosen Mauerwaenden und auf Plakaten wirbt die Kommunistische Partei mit Portraits von Che Guevara, Marx, Lenin und zu unserer Verwunderung sogar mit Stalin. Die Kommunisten haben hier schon laengere Tradition und verschafften Kerala 1957 weltweite Beachtung, als sie hier zum ersten mal in einem Land demokratisch gewaehlt an die Regierung kamen. Seither wurden sie mehrmals ab- und wiedergewaehlt.  

Entlang der Kuestenregion Keralas erstreckt sich eine grosse Fluss-, Seen- und Kanallandschaft - die Backwaters. Bei einer Kanufahrt durch das Kanallabyrinth fuehlen wir uns fast wie im Spreewald, ausser dass am Flussufer Palmen wachsen und es keine Schleussen gibt. Dafuer fuehren Betonbruecken ueber die kleineren Kanaele, die teilweise so niedrig sind, dass wir uns auf den Boden des Kanus kauern, um durchfahren zu koennen. Wir empfinden den Wasserweg als gute Abwechslung zum ueblichen Bus- oder Bahnfahren und entscheiden uns fuer eine achtstuendige Bootsfahrt von Kollam nach Alleppey entlang des Hauptkanals der Backwaters. So geniessen wir schoene Ausblicke auf das Leben der Dorfbevoelkerung am Flussufer.

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