Indien, Bihar: Bei Buddha's Baum der Erleuchtung

Der Bundesstaat Bihar hat selbst unter Indern keinen guten Ruf und scheint viele negative Aspekte Indiens auf sich zu vereinen: sehr hohe Bevoelkerungsdichte, hoechste Kindersterblichkeit, die Alphabetisierungsquote ist mit 40% eine der niedrigsten von Indien und ca. 60% der Bevoelkerung lebt unter der Armutsgrenze. Wir lassen uns davon nicht abschrecken, denn wir wollen Bodhgaya besuchen, den heiligsten Ort der Buddhisten. An diesem Ort soll Buddha vor rund 2.500 Jahren seine Erleuchtung unter einer Pappel-Feige, dem sog. Bodhi-Baum (Erleuchtungsbaum), erfahren haben.

Hatten wir bisher mit der indischen Bahn nur minimale Verspaetung so erreichen wir Patna, die Hauptstadt Bihars, zwei Stunden nach Plan. Und fuer den Regionalzug, mit dem wir weiterfahren wollen, werden mehrere Stunden Verspaetung angesagt. Unser Versuch mit dem Bus schneller ans Ziel zu kommen scheitert daran, dass in Bihar gerade Generalstreik ist und alle Geschaefte geschlossen haben, weder Busse noch Taxis fahren. Das einzigste was vom Streik ausgenommen ist, ist die Bahn. Erst nach vier Stunden des Wartens faehrt unser Zug ein und es dauert noch weitere zwei Stunden bis er schliesslich losfaehrt. Ein Mitfahrer meint dazu: "So ist es in Bihar.".

Bodhgaya wirkt wie jede andere Kleinstadt in Indien, mit einer bedeutenden Ausnahme: Mit uns bevoelkern hunderte Moenche in rot- und orangefarbenen Roben die Strassen. Deren Hauptpilgerziel ist die Mahabodhi Tempelanlage. An der Stelle, wo Buddha meditiert haben soll, steht der 55 m hohe, pyramidenfoermige Mahabodhi Tempel mit seiner goldenen Buddhastatue im Inneren. Gleich daneben waechst ein Ableger des Original Bodhi-Baumes. Unter seinen weitschweifenden Aesten versammeln sich die Moenche zum Gebet. Auch an vielen anderen Bereichen des Tempelkomplexes sehen wir betende, lesende und meditierende Pilger. Der gesamte Tempelbezirk ist mit bunten Blueten geschmueckt. Wir geniessen die wahrlich spirituelle Atmosphaere hier um selbst ein wenig auszuruhen, zu lesen und unsere bisherigen Reiseerlebnisse in Indien Revue passieren zu lassen.  

In der Umgebung des Tempels haben buddhistische Nationen wie Bhutan, Vietnam und Thailand ihre eigenen Klosteranlagen errichtet. Herausragend ist die 25 m hohe Buddhastatue aus Stein, die von Japan gestiftet wurde. Im Ort treffen wir aber auch auf besonders viele Bettler. Sie stehen draussen vor den Tempelmauern mit Blechschalen in der Hand und hoffen auf Gaben der Glaeubigen und Touristen. Zwei Kilometer entfernt von den buddhistischen Heiligtuemern findet das einfache indische Dorfleben statt. Die mit Stroh bedeckten Lehmhuetten stehen am Rande der gruenen Felder, wo Reis, Senf und Gemuese waechst. Man sagt uns, dass drei Ernten im Jahr moeglich sind. Die Ernte selbst ist harte Arbeit mit minimalem Maschineneinsatz, wie wir u.a. beim Reisdreschen beobachten koennen. Frauen tragen anschliessend die schweren Reissaecke und Gemuesekuebel auf ihren Koepfen zum Markt.

An einem Abend ist besonders viel los im beleuchteten Tempelbezirk. Es ist Vollmond und das Ereignis wird besonders gefeiert. Soll doch Buddha in einer Vollmondnacht seine Erleuchtung gefunden haben.

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